Erfolgreich im Jura-Studium lernen

Profilbild von Sandro Birkenhof, Gründer von Examen mit Sandro
Sandro Birkenhof
Aktualisiert am
5.3.2025
6
Min. Lesedauer
Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Jura-Studium kommt es darauf an, abstrakt gelerntes Wissen in Fällen anwenden zu können.
  • Die Stoffmenge im Jura-Studium ist sehr groß. Deshalb ist es sehr wichtig, die Rechtsgebiete zu verstehen und das Wissen möglichst nachhaltig zu lernen. Es ist unmöglich, alles (auswendig) zu lernen.
  • Der juristische Lernprozess besteht aus drei Lernphasen: Zuerst versteht man das Rechtsgebiet. Danach muss man sich den verstandenen Stoff merken. Parallel lernt man, das gewonnene Wissen in Fällen anzuwenden.

Was müssen Jura-Studierende können?

Ein erfolgreiches Jura-Studium setzt voraus, dass Studierende eine Vielzahl von Kompetenzen beherrschen. Für die Frage, welche Fähigkeiten Jura-Studierende besitzen müssen, ist es sehr wichtig zu verstehen, wie Jura-Klausuren funktionieren. Denn trotz der enormen Stoffmenge darf eines nicht aus dem Fokus geraten: Am Ende müssen Jura-Studierende Klausuren lösen können. Das bedeutet, einen vorgegebenen Sachverhalt rechtlich würdigen zu können.

Beispielsweise ist in einer strafrechtlichen Klausur zu prüfen, welche Straftaten von einer Person in einem Sachverhalt begangen wurden. Damit unterscheiden sich Jura-Klausuren stark von anderen Studiengängen wie beispielsweise Medizin, wo viel auswendig gelerntes Wissen lediglich wiedergegeben werden muss.

Hinweis: Beispielsklausuren der Uni-Münster (Link).

Folgende Fähigkeiten müssen Jura-Studierende deshalb beherrschen:

  • Verständnis: Grundlage einer erfolgreichen Jura-Klausur ist das Verständnis der Materie. Nur, wer ein Rechtsgebiet wirklich verstanden hat, kann den Sachverhalt rechtlich umfassend würdigen. Dementsprechend ist die Grundlage für erfolgreiche Jura-Klausuren, das Recht zu verstehen. Ein solches fundamentales Verständnis versetzt einen in die Lage, neue Rechtsprobleme zu lösen und das gelernte Wissen zu übertragen.
  • Fallanwendung: Wie bereits erwähnt, müssen in Jura-Klausuren Fälle gelöst werden. Anders als etwa im Medizinstudium wird man Jura-Klausuren nicht nachhaltig erfolgreich bewältigen, wenn man den Stoff auswendig lernt, ohne ihn zu verstehen. Vielmehr müssen Jura-Studierende in der Lage sein, das gelernte Wissen praktisch anzuwenden. Deshalb ist es sehr wichtig, das Lösen von Fällen intensiv zu üben.
  • Umgang mit dem Gesetz: In Jura-Klausuren steht Studierenden ein Hilfsmittel zur Verfügung: das Gesetz. Um dieses Hilfsmittel bestmöglich einsetzen zu können, müssen Studierende den Umgang mit Gesetzen möglichst früh erlernen und sicher beherrschen.
  • Prüfungsschema & Definitionen: Auch im Jura-Studium ist es jedoch erforderlich, manche Dinge schlicht (auswendig) zu lernen. Sowohl universitäre Jura-Klausuren als auch Examensklausuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie unter großem Zeitstress geschrieben werden. Jura-Klausuren sind darauf ausgelegt, Studierende unter Zeitdruck zu setzen und sie so zu zwingen, Schwerpunkte zu setzen. Deshalb müssen Studierende ihre Zeit in Klausuren möglichst optimal nutzen. Dementsprechend ist es wichtig, die grundlegenden Prüfungsschemata und wichtigsten Definitionen auswendig zu lernen, um diese in Klausuren sofort abrufbar zu haben und hierfür keine Zeit zu verlieren.

Wie lernt man für Jura?

Jura-Studierende müssen für die Klausuren sehr viel Wissen beherrschen. Sie stehen daher vor zwei großen Herausforderungen: Zum einen müssen Jura-Studenten eine sehr große Stoffmenge beherrschen. Zum anderen müssen Jura-Studenten dieses Wissen in Fällen anwenden können. Aufgrund dieser Ausgangslage ist das folgende Vorgehen für die Klausur- und Examensvorbereitung zu empfehlen:

  • Verstehen: Der erste Schritt, um Jura zu erlernen, besteht darin, den Lernstoff des jeweiligen Rechtsgebiets zu verstehen. Jura ist ein extrem umfangreiches Studienfach. Es ist unmöglich, den gesamten prüfungsrelevanten Stoff auswendig zu lernen. Daher ist es essentiell, die Lösung für viele Probleme herleiten zu können. Das gelingt nur, wenn man das Rechtsgebiet versteht. Mit einem Grundverständnis kann man sich viele Probleme deutlich schneller und leichter merken und auch unbekannte Probleme lösen.
  • Merken: Nach der einmaligen Auseinandersetzung mit einem juristischen Lerninhalt, etwa in einer Vorlesung, wird man sich die Information nur für kurze Zeit merken können. Deshalb ist es essenziell, den Stoff so zu erlernen, dass das Gelernte zu eigenem Wissen wird. Besonders effektiv hierfür ist das aktive Abrufen von Lerninhalten aus dem Gedächtnis (sog. Active Recall) in immer größer werdenden Zeitabständen (sog. Spaced Repetition). Der wesentliche Vorteil von Active Recall ist, dass man selbst denken muss und die Informationen nicht bloß passiv konsumiert werden. Den Lerninhalt könnt Ihr Euch hierdurch deutlich besser und nachhaltiger merken. Mit Spaced Repetition wiederholt man die Karte unmittelbar vor dem Vergessen. Das Gelernte speichert Ihr so nachhaltig im Langzeitgedächtnis ab. Digitale Karteikarten kombinieren diese beiden Lernmethoden besonders gut (mehr hierzu unten).
  • Anwenden: Neben dem Verständnis für das Rechtsgebiet und dem Festigen des Wissens ist es sehr wichtig, das Wissen in Fällen anwenden zu können. Aufgrund der knappen Zeit im Semester und der Examensvorbereitung kommt das Lösen von Fällen und Übungsklausuren häufig zu kurz. Eigentlich sollte die Fallanwendung jedoch intensiv geübt werden. Denn es bringt Jura-Studierenden nichts, viel Zeit mit dem Lernen zu verbringen, wenn das abstrakte Wissen in der Klausur nicht umgesetzt werden kann.

Womit lernt man richtig?

Es gibt nicht das eine Lernmittel, welches in allen Lernphasen gleichermaßen zu empfehlen ist. Vielmehr ist die Auswahl des richtigen Lernmittels davon abhängig, in welcher Lernphase man sich befindet.

Lernmittel in der Verständnisphase:

  • Vorlesung: Der Besuch der Vorlesung ist ein Weg, um ein Rechtsgebiet theoretisch zu erschließen. Ihr solltet allerdings bedenken, dass eine Vorlesung häufig nur die Grundlagen abdeckt und der bloße Besuch für erfolgreiche Klausuren nicht ausreicht. Zudem kostet die Teilnahme an den Vorlesungen viel Zeit. Deshalb sehen viele Studierende vom Besuch der Vorlesung ab.
  • Lehrbücher: Lehrbücher haben gegenüber Vorlesungen den Vorteil, dass sie – je nach Lehrbuch – das Rechtsgebiet vollständig abdecken. Außerdem können Lehrbücher im eigenen Tempo und zur selbst gewählten Uhrzeit gelesen werden. Für Studierende stellt sich häufig die Frage, welches Lehrbuch das richtige ist – auf diese Frage gehe ich in diesem Text zu Lehrbüchern ein.
  • Skripte: Eine abgespeckte Version von Lehrbüchern sind Skripte. Skripte fokussieren sich auf die klausurrelevanten Probleme und die absoluten Grundlagen. Skripte eignen sich demnach vor allem dann, wenn Studierende nur noch wenig Zeit haben, die Grundlagen für den Einstieg in das Rechtsgebiet erlernen wollen oder vor der Klausurenphase die Grundlagen noch einmal wiederholen wollen.
  • Lernvideos: Insbesondere für den Erstzugriff auf ein Rechtsgebiet eignen sich Lernvideos sehr gut. Sie bieten den Vorteil, dass sie jederzeit abrufbar sind und Euch einen guten Überblick über das Rechtsgebiet verschaffen. Aus eigener Erfahrung kann ich die kostenfrei zugänglichen Lernvideos der Bucerius Law School sehr empfehlen. Die Videos findet Ihr hier.

Lernmittel zum Wiederholen in der Merkphase:

  • Zusammenfassungen: Bei vielen Jura-Studierenden ist das Zusammenfassen von Lehrbüchern beliebt. Ihr solltet allerdings ehrlich zu Euch selbst sein, ob das Zusammenfassen von Lehrbüchern auch für Euch selbst effektiv ist. Der Nachteil an Zusammenfassungen ist, dass es sehr schwierig ist, den Stoff nach dem Erstellen effektiv zu wiederholen. Active Recall ist mit Zusammenfassungen kaum möglich. Unter Berücksichtigung des großen Zeitinvestments in Zusammenfassungen solltet Ihr Euch überlegen, ob es für Euch selbst sinnvoll ist, Zusammenfassungen zu schreiben.
  • Karteikarten: Aus lernmethodischer Sicht ist die Wiederholung mit Karteikarten sehr effektiv. Denn Karteikarten kombinieren die Lernmethoden Active Recall und Spaced Repetition besonders gut. Karteikarten kann man entweder selbst erstellen oder als fertige Karteikarten kaufen. Der Vorteil an fertigen Karteikarten ist, dass man sehr viel Zeit spart und nicht bei “Null” anfängt. Jedenfalls digitale Karteikarten kann man sehr einfach bearbeiten und so an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Schaut Euch hierzu gerne meine Karteikarten an.
  • Rereading: Eine weitere Möglichkeit ist das sog. Rereading. Rereading bedeutet, ein Lehrbuch oder Skript noch einmal durchzulesen. Es hat jedoch den Nachteil, dass das Gehirn lediglich eine passive Rolle einnimmt, weshalb der Lerneffekt beim Rereading gering ist.

Lernmittel für die Lösung von Fällen und Übungsklausuren in der Anwendungsphase:

Um das abstrakte Wissen auch in Fällen anwenden zu können, ist es wichtig, Fälle zu lösen. Besonders sinnvoll ist, nicht bloß die Falllösung zu lesen, sondern sich zuerst selbst Gedanken zu machen. Grundsätzlich ist es auch möglich, die ganze Lösung auszuformulieren. Vor dem Hintergrund, dass eine vollständig ausformulierte Klausur sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, würde ich grundsätzlich nur einmal in der Woche eine Falllösung ganz ausformulieren. Dazu sollte die Falllösung bestenfalls von einer anderen Person korrigiert werden. Hierfür bieten sich Lerngruppen an, in der man zum Beispiel die ausformulierten Lösungen untereinander tauschen kann.

Grundsätzlich würde ich deshalb empfehlen, die Klausur in Stichpunkten zu gliedern und zu lösen. Das nimmt deutlich weniger Zeit in Anspruch und gleichzeitig hat man die Klausur vollständig durchdacht, sodass der Lerneffekt trotzdem sehr hoch ist.  

Bleibt die Frage, wo man gute Übungsfälle findet:

  • Zeitschriften: In den juristischen Ausbildungszeitschriften (insb. JuS und JA) werden regelmäßig Übungsklausuren abgedruckt. Die JuS bietet dazu einen Klausurfinder an. Er hilft Euch, passende Übungsklausuren zu finden.
  • Fallbücher: Es gibt viele Fallbücher, die eine ganze Sammlung an Übungsfällen enthalten. Fallbücher bieten den Vorteil, dass sie ein Rechtsgebiet häufig ganzheitlich abdecken und Studierende mit einem solchen Fallbuch alle Probleme abdecken, die typischerweise in dem Rechtsgebiet auftauchen. Allerdings sind die ausformulierten Lösungen in Fallbüchern häufig recht weit davon entfernt, wie Studierende formulieren sollten und in der Klausur realistischerweise – allein schon mit Blick auf die knappe Zeit – formulieren können. Diesen Aspekt solltet Ihr beim Lesen von Fallbüchern im Blick haben.
  • Altklausuren des Professors: Für die Klausurvorbereitung im Studium sind Altklausuren des Professors besonders attraktiv. Sie vermitteln Studierenden einen Eindruck davon, was der Professor gerne prüft und was den Studierenden erwartet wird. Um an Altklausuren eures Professors zu kommen, ist es sinnvoll, auf ältere Studenten und die Fachschaft zuzugehen, die meistens am besten Bescheid wissen, ob und wo es Altklausuren gibt.

Wann lernt man am besten?

Das Jura-Studium ist ein Marathon und kein Sprint. Es ist wichtig zu verstehen, dass im Jura-Studium alleine das Examen zählt. Entsprechend bringt es euch wenig, zwei Wochen vor einer Semesterklausur mit dem Lernen anzufangen, eine erfolgreiche Klausur zu schreiben und dann wieder alles zu vergessen. Deshalb empfehle ich Euch, schon früh im Semester mit dem Lernen anzufangen. Damit meine ich nicht, dass Ihr jeden Tag bis in die Nacht lernen sollt. Aber wenn Ihr von Anfang an jeden Tag 5 bis 6 Stunden konzentriert lernt, werdet Ihr das Gelernte langfristig erinnern. Eine solche Routine macht sowohl die Klausurenphase als auch später die Examensvorbereitung entspannter, weil Ihr auf ein solides Wissensfundament zurückgreifen könnt.

Deshalb würde ich euch folgende Tipps geben:

  • Rechtzeitig anfangen: Auch wenn es verlockend ist, zu Beginn des Semesters einfach gar nichts zu tun, würde ich Euch raten, schon in den ersten Wochen des Semesters mit dem Lernen anzufangen. So stellt Ihr sicher, dass sich keine Skripte aufstauen. Außerdem hilft Euch regelmäßiges Lernen, eine vernünftige Alltagsroutine zu etablieren.
  • Nicht überarbeiten: Das Gehirn braucht Zeit, um die Informationen zu verarbeiten und zu speichern. Das Wissen setzt sich in den Pausen und im Schlaf. Deshalb würde ich Euch raten, maximal 6-8 Stunden am Tag zu lernen. Wenn Ihr also rechtzeitig mit dem Lernen anfangt, spricht nichts gegen einen Feierabend um 16 oder 17 Uhr – dann bleibt auch ausreichend Zeit für Freunde und Freizeit.
  • Eigener Biorhythmus: Ebenso würde ich Euch empfehlen, den eigenen Lerntag anhand Eures Biorhythmus zu strukturieren. Wer also gerne lange schläft, sollte sich keinen Wecker für 6 Uhr morgens stellen. Wenn Ihr vormittags besonders produktiv seid, solltet Ihr dort den Großteil der Lernzeit einplanen. Im Nachmittagstief werdet Ihr den Stoff nicht sinnvoll aufarbeiten oder wiederholen können, sodass Ihr diese Zeit zum Beispiel für Sport oder andere Aktivitäten nutzen könnt.

Weitere Lerntipps

Damit Ihr Euch optimal auf die Klausuren vorbereitet, würde ich Euch noch folgende Tipps geben:

  • Umgang mit dem Gesetz: Auch wenn es verlockend ist, Normen kurz im Internet nachzuschauen, würde ich Euch dazu raten, die physischen Gesetze so viel wie möglich zu nutzen. Die Gesetze sind das einzige im Examen zugelassene Hilfsmittel. Dementsprechend ist es essenziell, möglichst sicher und gut mit ihnen umgehen zu können.
  • Detailprobleme: Ob eine Klausur gut oder schlecht bewertet wird, hängt nicht davon ab, ob Ihr auch die letzte Mindermeinung kennt, sondern davon, ob Ihr die Grundlagen sicher beherrscht und anwenden könnt. Deshalb ist es empfehlenswert, beim Lernen einen großen Fokus auf die Grundlagen zu legen.
  • Aus Fehlern lernen: Auch wenn es unangenehm ist, ist es sehr wichtig, die eigenen Klausuren nachzubereiten. Nur so lernt Ihr aus Euren Fehlern und macht diese in der Zukunft nicht noch einmal.

Häufig gestellte Fragen

Wie lange muss man für das Staatsexamen in Jura lernen?

Die Vorbereitung für das Staatsexamen in Jura dauert ca. ein Jahr. Nur wenige Jura-Studenten sind schneller als ein Jahr.

Wie lernt man am besten im Jura-Studium?

Beim Lernen im Jura-Studium ist es wichtig, die Grundlagen theoretisch zu verstehen, Fälle lösen zu können und das bereits Gelernte zu erinnern.

Wann sollte man anfangen, für Jura-Klausuren zu lernen?

Bestenfalls beginnt die Klausurvorbereitung schon zu Beginn des Semesters. Dann habt Ihr ausreichend Zeit, das Gelernte tatsächlich zu verstehen.

Welche Uhrzeit ist die beste, um zu lernen?

Die beste Uhrzeit zum Lernen ist sehr individuell. Manche lernen morgens sehr gut, während andere abends sehr gut lernen können. Deshalb ist es sinnvoll, viel auszuprobieren, um den eigenen Lernrhythmus zu finden.

Wie hoch ist der Lernaufwand in Jura?

Das Jura-Studium ist sehr zeitintensiv. Gemeinsam mit Medizin gehört das Jura-Studium zu den Studiengängen mit dem höchsten Lernaufwand.

Profilbild von Sandro Birkenhof, Gründer von Examen mit Sandro
Sandro Birkenhof
Volljurist und Gründer von Examen mit Sandro
Im April 2020 habe ich mein Referendariat in Hamburg begonnen und meine juristische Ausbildung exakt am 1. Juli 2022 mit der mündlichen Prüfung des Zweiten Staatsexamens beendet. Aktuell promoviere ich zu einem Thema an der Schnittstelle von Gesellschafts-, Kapitalmarkt- und Insolvenzrecht.

Maximale Effizienz für Deine Vorbereitung